2020

Wir von der Initiative Erinnerungskultur sind entsetzt über die Anschläge von Halle und Hanau.

Wie jeder Angriff auf eine Minderheit trifft er uns alle.

Wir finden es unerträglich, dass Menschen in Deutschland Angst haben müssen, sich mit einer Kippa in der Öffentlichkeit zu zeigen. Als Zeichen der Solidarität empfehlen wir, dass alle eine Kippa tragen: #KippaOnViele haben das bei unserem Stadtrundgang am 9. November getan und erneut am Internationalen Holocaust-Gedenktag (27.01.2020, s. unten).

Nicht nur an diesem Datum sagen wir: #WeRemember!

Mo 27.01.20 – 16.00 Uhr:
Am Internationalen Holocaust-Gedenktag wurde ein
Denkmal für die Opfer des Nationalsozialismus auf dem Heisererplatz in Wasserburg eingeweiht. Über 250 Menschen waren gekommen, auch viele von unserer Gruppe. Zum Zeichen der Solidarität mit den Jüdinnen und Juden hatten wir aufgerufen, eine Kippa zu tragen (#KippaOn).

(V.l.n.r.: Prof. Michael Cranach, Angelika Graf,
Karl-Heinz Brauner, Karin Klar, Tom Nowotny,
Doro Eberstadt)

Unter den vielen guten Reden fand ich das Grußwort des Bezirkstagspräsidenten Rainer Schneider so bemerkenswert, das ich sie mit seiner Erlaubnis hier ins Netz stelle. Er sagte u.a.: „Wir erinnern uns aus Respekt vor den Opfern. Wir erinnern uns, um aus der Geschichte zu lernen. Und wir erinnern uns um unserer selbst willen. Denn Erinnerung bedeutet auch: Nach der Wahrheit, nach einem festen Fundament für das eigene Leben suchen.
Wer sich der eigenen Vergangenheit nicht stellt, dem fehlt die Basis für die Zukunft. Wer die eigene Geschichte nicht wahrhaben will, nimmt Schaden an seiner Seele. Das gilt für jeden Menschen. Mit der Erinnerung leben, birgt die Chance, mit sich und anderen ins Reine zu kommen.“
Eine wirklich beeindruckende Veranstaltung und ein leuchtendes Vorbild für Rosenheim!

Fr 24.01.20 – 15.02.20:
Max-Mannheimer-Kulturtage | Bad Aibling

Fr 06.03.20 – 18.00 Uhr:
„Stolpersteine – Spuren und Wege“ hieß der Vortrag, den Gunter Demnig in der Altkatholische Kirche Rosenheim hielt, über sein künstlerisches Schaffen und seinen langen Weg zu den Stolpersteinen (und natürlich mit den Stolpersteinen). Einen guten Überblick mit Zeitschiene bekommt man hier.

Lange vor den ersten Stolpersteinen war das Spurenlegen im öffentlichen Raum ein wichtiges Thema der künstlerischen Arbeit des Bildhauers und Aktionskünstlers Gunter Demnig – so zum Beispiel mit den Projekten „Duftmarken Cassel–Paris“ (1980), „Blutspur Kassel–London“ (1981), „Ariadne-Faden Kassel–Venedig“ (1982), „Landschaftskonserven“ (1984) und „Flaschenpost Kassel–New York“.
1990 erinnerte Gunter Demnig mit einer Spur aus farbiger Fassadenfarbe im Kölner Stadtraum an die Deportation von 1000 Sinti und Roma im Mai 1940. Für ihn waren diese Deportationen die Generalprobe für spätere Transporte von Juden in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager. Da die Farbe mit der Zeit verblich, entstand die Idee, an 21 ausgewählten Stellen den Text der Inschrift „Mai 1940 – 1000 Roma und Sinti“ durch in den Boden eingelassene Messingtafeln zu konservieren.

Anstoß für die späteren auf Verfolgte des Nationalsozialismus verweisenden Stolpersteine war, laut Gunter Demnig, die Begegnung mit einer Kölner Zeitzeugin, die der festen Überzeugung war, in ihrer Nachbarschaft hätten nie Sinti oder Roma gelebt. Aus dieser Begegnung entstand die Idee, an alle Verfolgten des Nationalsozialismus an ihren letzten frei gewählten Wohnorten zu erinnern. (Text: Stolperstein-Initiative Berlin)

Ganz herzlichen Dank an Pfarrer Dr. André Golob!

Vortrag in der Altkatholischen Kirche Rosenheim. V.l.n.r.: Karl-Heinz Brauner, Gunter Demnig, Thomas Nowotny, Angelika Graf (Foto-Klar)

Sa 07.03.20 – 09.30 Uhr:
Stolpersteinverlegung für Fernanda und Fortunato Zanobini | Rathaus Kolbermoor

Die Stolpersteine für Fernanda und Fortunato Zanobini (Foto Nowotny)

Sa 18.04.2020 – Tag des Denkmals
Dazu schreibt Heribert Prantl in der SZ, hier Auszüge:
„Zwei von den vielen Hunderttausend Denkmälern in Deutschland erfüllen diese Anforderung in besonders eindrucksvoller Weise: erstens die Stolpersteine. Sie strengen sich zwar nicht an, aber sie strengen an, sie fordern Auseinandersetzung, liegen im Weg und verändern den Gang; sie geben die Erinnerung Gestalt und Gefühl.
Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig, das 1992 begann. Mit kleinen Gedenktäfelchen aus Messing, im Boden verlegt, wird an das Schicksal des Menschen erinnert, die in der NS-Zeit verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Stolpersteine werden vor den Häusern, in denen die Opfer zuletzt gelebt haben, in den Gehweg eingelassen. Fünfundsiebzigtausend dieser Stolpersteine wurden mittlerweile in Deutschland und in 25 weiteren Ländern verlegt. Es sind die Denkmäler, zu denen man nicht geht, sondern die zu einem kommen, bis vor die Haustür. Sie bringen Bürger, Schulklassen, Nachbarschaften dazu, sich mit der Geschichte zu beschäftigen, die sich vor ihrer Haustür ereignete.“
http://www.stolpersteine-muenchen.de/heribert-prantl-uber-die-stolpersteine-sie-geben-die-erinnerung-gestalt-und-gefuhl/
Das zweite Denkmal, das Heribert Prantl zu Recht besonders eindrucksvoll nennt, ist der Garten des Exils im Jüdischen Museum Berlin – momentan geschlossen, aber hier gibt es einen akustischen Eindruck davon.

75 Jahre Befreiung

Dieser Jahrestag ist wahrlich ein Grund zum Feiern. Die Coronakrise bringt es mit sich, dass all diese Feiern nicht wie geplant vor Ort stattfinden können – aber virtuell. So traurig es ist, dass sich die Überlebenden nicht treffen konnten zu diesem wichtigen Jubiläum, so können jetzt immerhin noch mehr Menschen weltweit daran teilhaben.

Die Befreiung fand nicht an einem Tag statt – hier eine chronologische Auflistung:

11. April 1945        Befreiung des KZ Buchenwald 

15. April 1945        Befreiung des KZ Bergen-Belsen

22. April 1945         Befreiung des KZ Sachsenhausen  

23. April 1945         Befreiung des KZ Flossenbürg

29. April 1945         Befreiung des KZ Dachau.

Besonders beeindruckend: bewegende Grußbotschaften von Befreiten und Befreiern und ein faszinierenden virtueller Rundgang auf den Spuren der Befreiung.

Die KZ-Gedenkstätte Dachau bietet Live-Rundgänge auf Facebook an; ein solcher Rundgang vom 5.5.2020 zum Thema der Befreiung kann hier noch angesehen werden. .

30. April 1945           Befreiung der „Hauptstadt der Bewegung“ München

2. Mai 1945                Befreiung von Rosenheim und Umgebung

Mit vielfältigen Aktionen hat unsere Initiative den 75. Jahrestag der Befreiung in unserer Region gewürdigt und öffentlich gemacht.

3. Mai 1945 Todesmarsch nach Surberg

Bis in die letzten Kriegstage massakrierte die SS KZ-Häftlinge auf Todesmärschen. In Surberg bei Traunstein wurden am 3. Mai 1945 über sechzig Menschen erschossen.

Gedenkstätte des KZ-Friedhofs Surberg

Seit über 35 Jahren gedenkt die VVN Traunstein am KZ-Friedhof in Surtal dieser Toten. In diesem Jahr, dem 75. Jahrestag dieses Verbrechens, wurde ich gebeten, die Ansprache zum Gedenken zu halten und darin das Schicksal meiner Familie zu beschreiben. Ganz herzlichen Dank an Friedbert Mühldorfer und seine Mitstreiter.

Friedbert Mühldorfer an der Gedenkstätte des KZ-Friedhofs. Obwohl hier jüdische Opfer begraben sind, wurde in den 1950er Jahren ein Mahnmal mit Kreuz errichtet.

Seit Jahren beklagen wir, dass in Rosenheims Straßen jeder Hinweis auf die Opfer des Naziterrors fehlt. Ein junger Künstler hat im Sommer 2020 das geändert: Julian Strohmeier hat am ehemaligen Filmpalast in der Samerstr. 1 ein Portrait von Lisi Block gemalt – Teil des Transit Art Festivals. Danke dafür!

Leider wird der Filmpalast demnächst abgerissen – spätestens dann braucht es andere bleibende Erinnerungszeichen in Rosenheim: Stolpersteine! Die ersten wurden am 10.6.2021 verlegt.
Für Lisi Block soll nach dem Wunsch der Angehörigen ein Stein vor ihrer ehemaligen Schule verlegt werden, heute Städtische Realschule für Mädchen.

So 16.08.2020 12 Uhr: Gedenkaktion zum 75. Jahrestag der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki

Auch dieser traurige Jahrestag war für unsere Initiative der Anlass für eine Aktion. Bundesweit gab es viele großflächige Plakate, die über 10 Tage lang die Ruinen von Hiroshima zeigten und für ein Atomwaffenverbot warben. Wir trafen uns für ein gemeinsames Foto.

Samstag 26. September 2020 erste Verlegung eines Stolpersteins in Reit im Winkl für die Hebamme Therese Mühlberger, Opfer der T4-Aktion

Samstag 17. 10. 2020  Gedenkfeier für die Opfer des KZ-Außenlagers Mittergars

Der Verein „Für das Erinnern–KZ-Gedenkstätte Mühldorfer Hart“ lud zu einer Gedenkfeier am Mahnmal ein. Die Bürgermeister von Jettenbach und Gars, Maria Maier (JWG) und Robert Otter (unabhängig), sowie Dekan P. Ulrich Bednara hielten bewegende Reden.

Montag 9. November 2020 – Jahrestag der Pogromnacht.

Da andere Veranstaltungen in Rosenheim coronabedingt leider nicht möglich waren, machten wir unsere Plakataktion mit einigem Erfolg!

In München fand zeitgleich diese wunderbare Veranstaltung statt:
 „Faces for the Names“ macht die Opfer des Holocaust – ihre Namen und ihre Gesichter – für uns sichtbar. Hierfür werden ihre Fotos an die Fassaden der Häuser projiziert, in denen die Opfer vormals gelebt haben. Der Künstler Julian Giebelen entwickelte dieses Projekt und ist gern bereit, damit nach Rosenheim zu kommen!