Zeitzeugengespräche
Im April 2018 sprechen wir bei Kaffee und Kuchen mit Frau Anna S., die mit Gertrud Block in die Grundschule gegangen ist.
Die Familie Block sei im Dorf sehr beliebt gewesen, jedes Jahr zu Weihnachten hätten sie gebrauchte Spielsachen und Kleidung als Geschenke verpackt und mit dem Schlitten zu allen Häusern gebracht, wo Kinder wohnten. Auch im Haus der Familie seien immer viele Kinder zu Besuch gewesen, „der Wagner Albert war jeden Tag dort“. Sie erinnert sich an ein Angelspiel, das sie bei schlechtem Wetter im Haus der Blocks gespielt habe. Die Pfingstrosen vor dem Haus seien von ihnen gepflanzt worden.
Dieses Foto vor dem Haus der Familie Block zeigt links Frau S., rechts Gertrud und unten Arno Block.
Dieses Bild ist vor der Zaiseringer Schule zur Faschingszeit am 3. März 1936 aufgenommen, es zeigt Elisabeth (Mitte oben) und Gertrud (links unten) mit ihren Mitschülerinnen.
Frau S. ging mit Gertrud in dieselbe Klasse der Grundschule Zaisering. Trudi war ein sehr fröhliches Mädchen. Bei einem Schulausflug an den Hofstätter See sei es nach dem Baden sehr kalt gewesen, und Trudi habe gesagt „Mi friert’s wie an nackerten Schullehrer“, was diesem nicht gefallen habe. Später sei es manchmal so gewesen, dass der Lehrer der Klasse eine Frage stellte, die kein Kind beantworten konnte, nur Trudi habe sich gemeldet und sei aber nicht drangenommen worden. Über diese Gemeinheit ist Frau S. heute noch sehr empört.
Empört ist sie auch über den Ortsgruppenleiter. Ohne ihn wäre die Familie wohl nicht abgeholt worden, meint sie. Einmal habe er Elisabeths Tasche kontrolliert, aber nichts gefunden außer Strickzeug und dann gesagt: „Noch einmal, dann häng ich dich dran“.
Elisabeth musste auf einem Hof in Benning arbeiten. Das sei keine Zwangsarbeit gewesen, „die wollten die Blocks beschützen“. Herr Zillhammer habe ebenso wie Fritz Block eine Auszeichnung aus dem I. Weltkrieg und sei extra nach München gefahren, um sich für die Familie einzusetzen – vergeblich.
Als Elisabeth auf dem Hof arbeitete, wurde sie dort auch verpflegt und konnte einen Teil ihrer Essensmarken an ihre Mutter geben. Als diese beim Einkaufen war, mokierten sich andere Frauen, dass eine Jüdin mehr Marken als sie selbst hätte.
Frau S. erinnert sich, dass Mirjam Block darüber ganz verstört war. Sie zeigt uns den Eintrag vom Mai 1941 in ihrem Poesiealbum:
„Frischer Mut, gesundes Blut ist besser als viel Geld und Gut!
Zur freundlichen Erinnerung an Deine Nachbarin Maria Block“
„Ich glaube, da hat sie ihr Schicksal schon vorausgeahnt“, sagt Frau S.
Eintrag vom Mai 1941 in das Poesiealbum von Anna S.